Hinter mir liegen drei wundervolle
Tage. Angefangen haben diese am Samstag, als ich um 10.10Uhr auf dem
Tallinner Flughafen hinter der Absperrung stand und auf einen blond
gelockten Goldengel namens Gesa wartete, der vor wenigen Minuten in
Begleitung auf estnischem Boden gelandet war.
Nach einer stürmischen Umarmung
machten wir uns auf den Weg zum Academic Hostel, wo Gesa und
Christian dann ein Zimmer im fünften Stock bekamen – Zimmer 501b,
direkt neben 502 gelegen wie man an der Zimmernummer sieht.
Nach einem ausgiebigen Frühstück,
einem Zimmerwechsel aufgrund des gebrochenem Bettrahmens in Zimmer B
zu Zimmer A und einer Stunde, in der Gesa und Christian versuchten in
den neu eroberten Betten die letzte Nacht auf 60 Minuten zu
komprimieren und nachzuholen, brachen wir in die Altstadt auf.
Dort besichtigten wir ein wenig,
machten einen gemütlichen Spaziergang durch die Stadt und die
dortigen Wolken und kehrten am späten Nachmittag zurück. Da der
Kühlschrank aber nur ein wenig gefüllt war, hielten wir noch bei
dem großen Supermarkt, besorgten alles, was wir benötigten, traten
vor die Tür... und hatten das Gefühl, dass es bereits Nacht sei.
Der Himmel war dunkel, auf dem Weg zur Haltestelle belästigten uns
auch schon die ersten Regentropfen und wir schafften es noch mit Ach
und Krach zum Bushaltestellenhäuschen. Die Warterei auf den Bus
wurde von den Regentropfen auf dem Dach musikalisch untermalt und die
Busfahrt brachte neue Erkenntnisse über die Dichtheit des Busdaches.
Zurück im Hostel entstand eine
gemütliche Plauderrunde, später wurde dann gekocht und der
Eurovision Song Contest verfolgt, bis wir dann bei einem Kartenspiel
endeten.
Am nächsten Tag war wunderschönes
Wetter vorhergesagt, dass wir ausnutzen wollten. Daher mieteten wir
uns einige Fahrräder, zu denen man zu Christians Besorgnis keine
Pumpe und kein Flickzeug bekommt und brachen Richtung Pirita auf,
eigentlich in der Absicht, einen schönen Wald zu finden...
Wer meinen Orientierungssinn kennt, der
kann sich das Leiden von Gesa, Christian, Frank und Mark vorstellen.
Ich wusste, dass da ein großer Wald sein muss, gefunden haben wir
den aber nicht.
An dieser Stelle: Es tut mir leid
dafür!
Stattdessen haben wir viel von dem
Stadtviertel gesehen (auch Ecken, die ich nie sehen wollte), mein
zukünftiges Haus war auch da, ein sehr einzigartiges mit vielen
Rundungen und mit rotem Dach und grauen Mauern. Gesa stand mehr auf
den Bauhausstil, hat mir aber gesagt, ich solle bitte ein idyllisches
Grundstück in diesem Viertel finden, wenn ich hierher ziehe.
Die Sonne war stark, die Tour lang
(mindesten 25km) und der Rucksack schwer. Also haben wir eine kleine
Pause am Strand eingelegt, die tragbaren Grill entzündet und Hotdogs
gemacht. Dabei gab es selbstverständlich vegetarische Würstchen für
mich. Mmmmh!
Da das Wetter so schön war, hat Gesa
auch das Vergnügen gehabt, bis zu den Knien im kalten Wasser zu
plantschen. Dann haben wir noch im Schatten herumgelegen und gegen
Mücken und Moskitos gekämpft, bis wir den Rückweg antreten
wollten. Die Sonne war mit 25°C einfach zu warm...
Auf dem Rückweg dann fanden wir zwar
einen Teil des Waldes, aber viel interessanter war der TV-Tower, der
da so zufällig auf dem Rückweg im Weg stand.
Also sind wir einmal
rauf und wieder runter gefahren und haben dazwischen die Aussicht
bewundert, natürlich touristische Fotos geschossen und eine dunkle
Wolke über der Altstadt von Tallinn gesehen, um dann in einer Tour
zurück zum Fahrradverleih zu radeln, wobei wir noch fünf
Regentropfen mitgenommen haben. Dort wurden wir empfangen mit der
netten Frage und einem fiesen Grinsen: „Na, seid ihr auch so nass
geworden?“
Nein, waren wir nicht! Es hatte in der
Zwischenzeit wohl ein starkes Unwetter über Tallinn gegeben, während
wir uns in der Sonne oder bei leicht bewölktem Himmel in der Gegend
herumgetrieben hatten.
So kam es dann auch, dass meine
Mitbewohnerinnen über das schlechte Wetter klagten, als wir wieder
da waren. Sie hatten aber auch bis vier Uhr geschlafen...
Am Abend stellte ich dann einen
Sonnenbrand auf meinen Armen und meinem Gesicht fest, Gesa zufolge
außerdem auch einen auf dem Rücken, wo kein T-Shirt war. Der auf
dem Rücken war okay, der im Gesicht und auf den Armen hätte
eigentlich nicht da sein dürfen, weil Gesa und Christian am Morgen
noch eine sauteure Sonnencreme in einer Apotheke erstanden hatten,
weil die im anderen Laden etwa das doppelte gekostet hatte. Diese
Creme wurde allen zur Verfügung gestellt, sehr fürsorglich. Ein
großen Dank an dieser Stellen, für die Beharrlichkeit von Christian
und Gesa!
Laut meinen Mitbewohnerinnen ist
Sonnencreme in Griechenland sehr viel teurer als hier.
Wesentlich schlimmer war meine
Entdeckung, dass ich um die 20 Moskito- und Mückenstiche habe,
allein vier auf dem linken Fuß und genau so viele auf dem rechten
Arm und auf dem Rücken. Von anderen kam dann, wenn ich am Schimpfen
war, mit schöner Regelmäßigkeit der Kommentar: „Ja, guck, ich
hab auch einen...“ EINEN!
Liebe Leute, Schuhe tragen mit den
Stichen ist im Moment eine Qual! Da hilft nur barfuß laufen...
Petrus sei Dank, dass das Wetter hier
so schön ist, dass Gesa meinte, die Reise wäre wie ein
Sommerurlaub. Allerdings fand sie das auch ein wenig merkwürdig,
dass man dazu in den Norden fahren muss. Dafür hat die Sonne hier
aber auch lange Zeit, den Boden und die Luft zu erhitzen, denn in der
letzten Nacht ist Gesa aufgewacht und dachte, sie müsse bald
aufstehen, auch wenn es erst halb sechs war. Der Sonnenschein war
halt schon da...
Der Abend war dann natürlich auch
begleitet von kleineren Muskelschwächen, die dann auf dem geräumigen
Bett von Gesa und Christian auskuriert wurden. Denn für den nächsten
Tag war ein Aufenthalt im KalevSpa geplant, um zu saunieren,
schwimmen, im Wirlpool zu entspannen und zu Rutschen. Netterweise gab
es einen Studententarif, den sogar Gesa und Christian mit ihren
deutschen (und längst nicht überall anerkannten) Studentenausweisen
nutzen konnten, auch wenn Frank und ich 95 Cent Rabatt mehr bekamen,
weil wir internationale ISIC-Studenten sind. Tjaja, Diskriminierung
von Studentenausweisen...
Das System mit den Schlüsseln für die
Spinde hat Gesa und mich tief beeindruckt. Man bekommt einen
elektronischen Chip (willkommen in Estland) in einem Armband, sucht
sich einen Spind aus, drückt die Tür zu und hat etwa 10 Sekunden
Zeit, den Chip vor den elektronischen Erkenner zu halten. Die Tür
wird dann verschlossen und ist nur mit dem eigenen Chip zu öffnen.
Gesa musste natürlich erst mal rumspielen...
Danach bin ich zur Uni geflitzt,
während unsere Touristen auf eigene Faust die Kirchen der Innenstadt
erkundet haben. Die Stunde hätte ich mir schenken können, es war
verschwendete Zeit. Abends sind wir dann in der besten Pizzeria
Tallinns eingekehrt, bei der es hervorragende Kombinationen des
Belags gibt und sehr große Pizzen. Im Fresskoma ging es zurück zum
Hostel.
Dort angekommen verbrachten wir den
letzten Abend wieder mit Kartenspielen und sehr zu Marks Erheiterung
„Kommande Pimperle“, was er nicht kannte.
Heute Morgen musste ich dann leider
Gesa und Christian am Flughafen abgeben und den netten Damen in
Uniform überlassen.
Übrigens habe ich in der Kommunikation
gemerkt (und es wurde mir von Gesa bestätigt), dass mein Deutsch
hier in der Zeit gelitten hat und meine Sätze öfter mal falsch
sind.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen