Sonntag, 10. Februar 2013

11.02.2013 - Trip to South Estonia

Eins vorweg: Wer denkt, ich würde nur Party machen, liegt nicht ganz richtig. Aber auch nicht falsch... Der Trip am letzten Wochenende war beides, von daher wird der heutige Bericht ein wenig geschichtlich bildend ausfallen, immerhin habe ich die letzten zwei Tage sehr viel über das Land gelernt.

Am Samstag morgen sind wir um 8.00 Uhr mit dem Bus Richtung Süden aufgebrochen. Da einer verschlafen hat und darauf keine Rücksicht genommen wurde, waren wir einer weniger als geplant. Trotzdem noch ein Bus voll Studenten.




Die erste Station nach etwa zwei Stunden Fahrt war auf einem Rastplatz, wo wir Spiele gespielt haben und in vier Gruppen eingeteilt wurden, auch wurde ein Toilettenbesuch gestattet, denn unser nächstes Reiseziel lag in der Nähe von Tartu und hieß „Väike-Taevaskoja“, was übersetzt „kleine Himmelshalle“ bedeutet. Das sind 13m hohe und 190m lange Sandsteinbänke und Felsen, die von dem Ahja-Fluss freigespült wurden. Vor diesen ehrwürdigen Felsen haben wir Schneemänner und -frauen gebaut und sind dann durch den umliegenden Nationalpark spaziert, wo deutlich mehr Schnee liegt als hier in Tallinn. Landschaftlich war das vielleicht das schönste, was ich jemals gesehen habe... Ich habe versucht möglichst viel davon auf Bildern festzuhalten, aber trotz guter Kamera geben die Bilder nicht alles so ganz wieder. Schaut euch trotzdem mal ein wenig davon an.

Von diesem Park aus sind wir dann zu einer Farm gefahren, oder besser gesagt ein Museum, in dem man sehen kann, wie Menschen vor 100 Jahren in Estland gelebt haben. Sehr interessant, aber ganz ehrlich - so möchte ich nicht leben. Die Holzhäuser waren wunderschön, aber sehr dunkel und kalt, die Räumlichkeiten jedoch sehr gemütlich. Da wurden wir dann herumgeführt, und haben uns danach an traditionellem Kümmeltee und einem speziellen Dessert erfreut, dessen Name ich wieder vergessen habe. Diesen Satz werdet ihr noch öfter von mir lesen...

Die nächste Station war dann eine nahegelegene Stadt, um den verschlafenen Studenten vom Morgen einzusammeln, der sich tatsächlich einen Bus gesucht hat, in unsere Nähe gefahren ist und uns dann dort getroffen hat. Nach einer kurzen Einkaufspause ging es dann weiter zu unserem endgültigen Ziel: den „Forest Brothers“ in Vorumaa.

Selbstverständlich gab es auch hier einen kulturellen Teil, bestehend aus der Aufklärung über die Geschichte von Estland in diesem Teil. Nur ein kurzer Überblick über den historischen Hintergrund:

Estland war zwischen 1940 und 1990 von den Sowjets besetzt, nur kurz unterbrochen von 1941-1944, als die Deutschen dort waren. Damit beginnen auch schon die Probleme, denn wer zur Zeit der deutschen Besatzung beim Militär war oder auch nur mit den Deutschen zusammengearbeitet hat, wurde 25 Jahre nach Sibirien geschickt oder direkt erschossen. Um diesem Schicksal zu entgehen, flüchteten viele Menschen in den Wald um sich dort zu verstecken. Dort lebten sie in unterirdischen Bunkern und wurden „Forest Brothers“ genannt. Unsere Unterkunft wurden von Nachkommen dieser Männer geführt und bestand aus verschiedenen Holzhäusern und einer Schneestrecke zum Rodeln, inklusive Lift. Dabei waren einige der Unterkünfte etwas... nennen wir es abgelegen. Man beachte die Pyramiden auf dem Hügel. Aber sehr malerisch das Ganze, weil es permanent geschneit hat, so lange wir da waren.

Erzählt bekamen wir die Geschichte bei einer schönen Nachtwanderung durch den Wald und der Besichtigung eines Nachbaus einer Unterkunft, denn diese pflegten durch die Witterungverhältnisse innerhalb von vier bis fünf Jahren einzustürzen. Außerdem kosteten wir von dem damaligen Geld: Wodka. Um zu beweisen, dass man einander trauen kann, füllte man ein Glas, tauchte den Finger ein, zündete den Alkohol an, blies es aus, trank das Glas aus und aß ein Stück geräuchertes Fleisch.

Am Ende dieser Besichtigung des Geländes eroberten wir die Rodelbahn. Auf großen Luftreifen bildeten wir lange Reihen und rutschten gemeinsam den Hang herunter. Ganz ehrlich: Neben der Natur in dem Nationalpark war das das Schönste auf dem ganzen Trip, weil wir alle einfach Spaß hatten und mehr oder weniger wie Kinder waren.
Durchgefroren und gut gelaunt begaben wir uns dann zu Tisch, so etwa gegen 22.00Uhr. Doch bevor wir essen konnten, mussten wir mit dem Wodka anstoßen: auf alle, die im Wald gestorben sind, auf alle, die ihn überlebt haben... Das Essen war kalt als wir uns endlich setzen durften. Mit dem Wodka im Blut war es aber nicht schwer, nach dem Essen Lieder in einer fremden Sprache zu singen und dazu zu tanzen. Begleitet wurden wir von einem Akkordeon und einer Gitarre und hatten wahnsinnig viel Spaß dabei, ein Lied klingt mir immer noch im Ohr, das werde ich vielleicht auch mal übersetzen und aufschreiben. Denn eigentlich habe ich keine Ahnung, was wir gesungen haben.

Am Ende des Singens war es bereits so spät, dass der Sonntag schon angebrochen war und damit auch Franks Geburtstag. Selbstverständlich bin ich eine gute Freundin und habe die Tutoren vorher darüber informiert, sodass ihm in allen möglichen Sprachen musikalisch gratuliert wurde. Danach kreiste eine Flasche „Vana Tallinn“, ein hier hiesiger Likör. Außerdem musste Frank eine angeblich polnische Tradition über sich ergehen lassen...

Angeblich deshalb, weil ich mir nicht sicher bin, dass die polnische Fraktion unseres ERASMUS nicht einfach nur Spaß haben wollte. Denn bei der Aktion geht es darum, dass das Geburtstagskind sich auf den Bauch legt und mit einem Gürtel so oft auf den Hintern geschlagen wird, wie es alt wird. Nicht fest natürlich. Als gute Freundin habe ich auch ein paar leichte Schläge verteilt, damit es kein anderer fester macht.
Ich habe diesen Brauch auch im Internet gesucht aber nicht gefunden. Ich glaube, manche Dinge gehören einfach bei ERASMUS dazu...

Der Abend endete damit, dass wir in die Sauna gingen. Diese gehörte zu der Farm und war in drei verschiedene Räume eingeteilt: zwei normale Räume und eine Smoke-Sauna. Da die Räume nicht nebeneinander lagen und ich keine Flipflops hatte, habe ich mir im Schlafzimmer einen Bikini angezogen, ein Handtuch umgeschlungen und bin mit meinen dicken Schuhen und Wollsocken ungefähr 100m durch den Schnee gestapft. Zwischendurch noch ein kleiner Halt bei der einzigen Toilette mit Wasser (es gab noch ein Plumpsklo) auf dem Gelände, warten bis alle anderen raus sind und dann ab in die Sauna. Wurde es dort zu heiß, ging man einfach raus und legte sich in den etwa 50 cm hohen Schnee. Da ich keine Lust hatte jedes Mal die dicken Schuhe anzuziehen, wechselte ich auch ohne Schuhe die Gebäude.

Am nächsten Morgen war dann die Verwirrung groß, denn kaum einer fand alle seine Sachen, hier und da wurden Schuhe, Socken, Bikini-Oberteile, Handtücher, Halstücher, Kameras, Handys, Rucksäcke, Jacken etc. vermisst. Definitiv die schönste Situation war am Frühstückstisch, als einer mit Jogginghose auftauchte und erzählte, dass er seine Hose vermisst. Steht ihm einer gegenüber und meint: „Och, ich hab meine auch nicht mehr gefunden, macht aber nichts, ich habe eine andere genommen.“ „Oh, lass mich mal schauen... Ja, ist meine, ach lass an, bis du deine hast“
Jaja, wir teilen alles...

Der Rückweg war dann größtenteils verschlafen, auch wenn zwischendrin schöne Stops eingelegt wurden. So zum Beispiel in einer alten estnischen Stadt, in der eine wunderschöne Gruppenschaukel stand, die wir dringend testen mussten. 

Außerdem steuerten wir eine Töpferwerkstatt an, in der wir ein kleines Andenken formen durften, in etwa zwei Wochen wird das per Post hier ankommen. Ich habe ein kleines Glücksschwein geformt und bekam von der Töpfermeisterin sehr viel Talent dazu bescheinigt. Das hat mich natürlich gefreut.

Abends um Acht waren wir wieder hier, nur um dann mit Franks Mitbewohnern seinen Geburtstag zu feiern. Die hatten einen Kuchen besorgt und Sekt und haben auf ihn angestoßen, was ich supernett von denen fand. Ich glaube, Frank hat sich auch gefreut. Und da ich gerade noch so unter dem Eindruck dieser Tage stand musste ich erst mal berichten.













1 Kommentar:

  1. Oioioi, Klausurenphase macht sich bemerkbar:
    viel zu lesen und keine Kommentare... :(
    Tut mich furcht aber traurig!
    seeeeehr schön, will mit!
    Schneee, Internationale Studenten, Spielchen...
    Jetzt habe ich Fernweh!
    Das Partymachen bei dir zählt unter Kontakteknüpfen und sihc der Tradition anpassen :P

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